Nach den Unregelmäßigkeiten in Bremen wird nun auch in Schleswig-Holstein genauer hingesehen - denn hier wurden überdurchschnittlich viele Asylverfahren positiv beschieden. Auf Medienanfragen hat sich dbb Landesbundvorsitzender Kai Tellkamp hinter die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestellt, die in Dienststellen des Bundes, des Landes und der Kommunen mit Flüchtlingsangelegenheiten betraut waren und sind: "Die Beschäftigten haben in einer von ihnen nicht zu verantwortenden Ausnahmesituation trotz Antragsflut für eine bestmögliche Ordnung gesorgt."
Natürlich sind Korruptionsfälle, wie sie möglicherweise in Bremen aufgetreten sind, nicht zu tolerieren. Sie müssen gegebenenfalls disziplinarische beziehungsweise arbeits- und strafrechtliche Konsequenzen haben. Derzeit gibt es aber für Schleswig-Holstein keine konkreten Anhaltspunkte auf derartige Tatbestände. Aus den vorliegenden Zahlen, die eine eher geringe Abweichung vom Bundesschnitt bei positiven Bescheiden ausweisen, lassen sich noch nicht einmal Qualitätsdefizite unmittelbar ableiten.
Dennoch darf nicht ignoriert werden: Die Grenze der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes wurde überschritten. Denn der Personalbestand ist auf Kante genäht, Ressourcen für unvorhersehbare Entwicklungen wie der Flüchtlingszustrom waren und sind nicht vorhanden. In solchen Fällen wird Personal zusammengekratzt auch aus anderen Bereichen, wo dann neue Lücken entstehen. Weil alles schnell gehen muss, um "Wir schaffen das" in die Tat umzusetzen, kann die notwendige Qualifikation nicht immer sofort gewährleistet werden. Das bringt natürlich eine gewisse Fehleranfälligkeit mit sich, die aber ausschließlich den von der Politik gesetzten Rahmenbedingungen geschuldet ist. Dass sich dennoch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieser belastenden Situation stellen, muss gewürdigt werden.
Das gilt übrigens nicht nur für die Bundesbehörde, denen die Asylverfahren obliegen. Zu nennen sind auch die Landesbehörden, die zum Beispiel mit der Erstaufnahme und polizeilichen Aufgaben befasst sind und die Kommunalen Dienststellen, die zum Beispiel die Integration und die Unterbringung zu bewerkstelligen haben.
Bericht im Schleswig-Holstein-Magazin des NDR vom 29.05.2018