25. September 2019
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Urteil des Monats:

Verweigerung einer amtsärztlichen Untersuchung ist problematisch

Sowohl das Tarifrecht als auch das Beamtenrecht gibt dem Arbeitgeber/ Dienstherrn die Möglichkeit, von seinen Beschäftigten bei Zweifeln an der Arbeits- beziehungsweise Dienstfähigkeit eine amtsärztliche Untersuchung zu verlangen. Wie sich aus aktuellen Urteilen ergibt, ist eine Verweigerung meistens nicht der richtige Weg, um gegen das Ansinnen des Arbeitgebers vorzugehen.

Bei Tarifbeschäftigten kann eine Verweigerung sogar zu einer außerordentlichen Kündigung führen. In dem konkreten Fall hatte der Arbeitgeber aufgrund einer erheblichen Minderleistung im Vergleich zu den übrigen Beschäftigten eine amtsärztliche Untersuchung angeordnet, um die Arbeitsfähigkeit zu klären. Nachdem der Beschäftigte entsprechende Termine verweigerte und sich auch von einer Abmahnung nicht beeindrucken ließ, hat der Arbeitgeber die Kündigung ausgesprochen. Da der Beschäftigte ordentlich „unkündbar“ war, kam nur die außerordentliche Kündigung in Betracht. Obwohl der Beschäftigte schwerbehindert war, musste auch nicht zwingend ein Präventionsverfahren vorgeschaltet werden. Dafür besteht keine Rechtsgrundlage, zudem kann dadurch eine Arbeitsfähigkeit nicht geklärt werden. Sinnvoller ist es also, gegebenenfalls gegen die Konsequenzen vorzugehen, die ein Arbeitgeber aus dem Ergebnis der amtsärztlichen Untersuchung zieht.

Zum Beamtenrecht wurde gerichtlich klargestellt, dass ein isoliertes gerichtliches Vorgehen gegen eine Untersuchungsanordnung nicht möglich ist. Erst im Zusammenhang mit der gegebenenfalls folgenden Zurruhesetzungsverfügung kommt ein Eil- oder Klageverfahren in Frage. Das ist darin begründet, dass eine Untersuchungsanordnung eine behördliche Verfahrenshandlung ist und lediglich der Vorbereitung einer Sachentscheidung (nämlich über die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit) dient. Kommt ein Beamter einer Untersuchungsanordnung nicht nach, verletzt er seine Dienstpflicht. Selbst die Rechtswidrigkeit der Anordnung führt nicht automatisch zu einem anderen Ergebnis. Die Nichtbefolgung könnte eine Disziplinarmaßnahme nach sich ziehen. In der Regel wird der Dienstherr in Verweigerungsfällen jedoch von der Dienstunfähigkeit ausgehen, was in einigen Ländern – auch in Schleswig-Holstein – aufgrund der beamtenrechtlichen Regelungen sogar eine zwingende Folge ist: Danach wird der Beamte so behandelt, als wäre die Dienstunfähigkeit festgestellt. Unter dem Strich gilt also: Beamtinnen und Beamten steht Rechtsschutz gegen eine Zurruhesezungsverfügung zu. Erweist sich hierbei die Untersuchungsanordnung als rechtswidrig, greift die Rechtswidrigkeit auf die Zurruhesetzungsverfügung durch.

Die Darstellung basiert auf einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (2 AZR 382/17) sowie auf einem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (2 VR 5.18).

Das Urteil bzw. die Darstellung waren Gegenstand unseres Jahresaufbauseminars 2019 zum öffentlichen Dienstrecht. In dieser Seminarreihe werden jährlich die wichtigsten neueren Urteile sowie Änderungen beamten- und arbeitsrechtlicher Regelungen vorgestellt. Aus der jeweils letzten Veranstaltung wählen wir beispielhaft 12 Urteile aus, über die wir an dieser Stelle als "Urteil des Monats" informieren.