07. Januar 2020

Wichtige Rechtsänderungen in 2020:

Das Jahr beginnt mit positiven Neuerungen

Mit dem Jahreswechsel sind einige wichtige Änderungen im Sozialrecht sowie im öffentlichen Dienstrecht in Kraft getreten, einige erlangen im Laufe des Jahres Geltungskraft. Wir haben einen Auszug mit Punkten zusammengestellt, die (auch) für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bedeutung und teilweise durchaus positiv zu sehen sind.

Einkommenserhöhungen

Im neuen Jahr profitieren Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftigte von erreichten Besoldungs- und Tarifanpassungen: Die Besoldung der Beamtinnen und Beamten des Landes und der Kommunen steigt ab Januar um 3,12 Prozent. Der gleiche Wert greift für die Tarifbeschäftigten des Landes, ergänzt um einen Mindestbetrag in Höhe von 90 Euro sowie einer überproportionalen Steigerung der Stufe 1 in Höhe von 4,3 Prozent. Für die kommunalen Tarifbeschäftigten wird das differenzierte Tarifergebnis von 2018, das insgesamt ein durchschnittliches Plus von 7,5 Prozent bedeutet, mit einem Zuwachs von durchschnittlich 1,06 Prozent ab März 2020 komplettiert. Die Besoldung der Beamtinnen und Beamten des Bundes steigt ebenfalls um 1,06 Prozent.

Anmerkung des dbb sh:

In den letzten Einkommensrunden konnten spürbare Zuwächse erreicht werden. Es ist jedoch ein großer Kraftakt, die politisch und arbeitgeberseitig verursachte Zersplitterung der Verhandlungstische zu bewältigen und nicht in Nachteilen für die Beschäftigen münden zu lassen. Als nächstes seht die Tarifrunde für Bund und Kommunen an, denn die dort maßgebenden Entgelttabellen haben wie Laufzeit bis zum 31. August 2020. Hier gilt es, den Anschluss zu halten, um positive statt negative Kettenreaktionen zu provozieren. Gleiches gilt für die Schleswig-Holsteinische Besoldungssituation im Vergleich zu den anderen Bundesländern. Mit Spannung wird erwartet, ob der Landtag im Zuge des Beteiligungsverfahrens zur Besoldungsstrukturreform die Kraft hat, politische Fehleinschätzungen der Landesregierung zu korrigieren.

Versorgungsfonds des Landes

Für alle ab Januar 2020 neueingestellte Beamtinnen und Beamte des Landes müssen aufgrund des Schleswig-Holsteinischen Versorgungsfondsgesetzes monatlich 100 Euro in den Versorgungsfonds eingezahlt werden.

Anmerkung des dbb sh:

Der bestehende Versorgungsfonds des Landes dient der Abfederung von Versorgungskosten der Beamtinnen und Beamten des Landes. Seit 2018 werden Mittelzuführungen durch das Land und nicht mehr durch Besoldungsabsenkungen finanziert. Auswirkungen auf Versorgungsansprüche bestehen nicht, dieser ergeben sich weiterhin aus dem Schleswig-Holsteinischen Beamtenversorgungsgesetz. Wir setzen uns weiter dafür ein, dass der Versorgungsfonds dazu beiträgt, fehlplatzierte negative Debatten über die Kosten der Beamtenversorgung zu entkräften.

Entlastung bei der Zusatzversorgung

Am 1. Januar 2020 ist im Zuge der Einigung auf eine Grundrente auch das GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz in Kraft getreten. Beiträge zur Krankenversicherung auf die Betriebsrente werden durch einen Freibetrag in Höhe von 159,25 Euro reduziert. Nur oberhalb dieses Betrages müssen Beiträge gezahlt werden. Der Freibetrag ist dynamisch und wird jedes Jahr entsprechend der sozialversicherungsrechtlichen Bezugsgröße angepasst. Der Freibetrag ersetzt die bisherige Freigrenze in entsprechender Höhe, bei dessen Überschreitung allerdings die volle Betriebsrente verbeitragt wurde.

Anmerkung des dbb sh

Die Neuregelung betrifft auch die Zusatzversorgung für Tarifbeschäftigte des öffentlichen Dienstes, die in Schleswig-Holstein über die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) erfolgt. Am Beispiel einer VBL-Bruttorente in Höhe von 300 Euro beträgt die Nettorente künftig 269,14 Euro statt 243,30 Euro. Nur schwer nachvollziehbar ist allerdings, dass die Umsetzung laut einer VBL-Mitteilung aufgrund der erforderlichen Anpassung der Verfahren voraussichtlich nicht vor dem Jahr 2021 etabliert werden kann.

Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens hatte sich der dbb für die Reduzierung der Beitragslast ausgesprochen, sieht seine langjährige Forderung allerdings nur teilerfüllt, da die Belastungen des GKV-Modernisierungsgesetzes von 2004, mit dem die bisherige Anwendung des hälftigen Beitragssatzes auf Betriebsrenten durch die volle Beitragspflicht ersetzt wurde.

Sozialversicherung

Der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung ist mit dem Jahresbeginn von 2,5 auf 2,4 Prozent des Bruttoeinkommens gesunken.

Die Beitragsbemessungsgrenzen (Höchstgrenze der Einnahmen von Versicherten, auf die Beiträge berechnet werden) betragen in der Renten- und Arbeitslosenversicherung jährlich 82.800 Euro (bisher 80.400 Euro) und in der Kranken- und Pflegeversicherung 56.250 Euro (bisher 54.450 Euro).

Kita-Reform

Für alle, die kleine Kinder haben oder sich in der Familienplanung befinden und natürlich für Beschäftigte im Sozial- und Erziehungsdienst ist das Schleswig-Holsteinische Kita-Reform-Gesetz von Bedeutung. Der Landtag hat das Paket in seiner letzten 2019’er-Sitzung verabschiedet. Es tritt teilweise am 1. Januar, in wesentlichen Punkten aber erst am 1. August in Kraft. Die wichtigsten Neuerungen:

  • Die Höhe der Elternbeiträge wird ab August 2020 begrenzt. Damit sollen die Beiträge landesweit einheitlicher werden. Sie dürfen bei Kindern unter drei Jahren künftig 180 Euro für eine täglich 5-stündige Betreuung und 288 Euro im Falle von acht Stunden täglich nicht überschreiten. Bei Kindern über drei Jahren liegt die Grenze bei 145 Euro (fünf Stunden) und 233 Euro (acht Stunden). Der bisherige Wildwuchs bei der Sozialstaffel, mit der Einkommensschwache Familien von Beiträgen entlastet werden, wird durch eine landeseinheitliche Regelung ersetzt. Das gilt auch für die Geschwisterermäßigung.
  • Die Vorgaben für personelle Ressourcen werden verbessert: Zum einen wird der Betreuungsschlüssel verbessert. Bei den Drei- bis Sechsjährigen sollen künftig rechnerisch 2,0 Fachkräfte für eine Gruppe zuständig sein, bisher waren es 1,5. Die Gruppen sollen in der Regel 20 Kinder haben. Zudem werden verbindliche Mindestanforderungen für die Freistellung der Leitungsebene festgeschrieben, wobei Kita-Leitungen schrittweise bis zur vollen Freistellung ab der fünften Gruppe und ab der sechsten Gruppe anteilig auch Stellvertretungen berücksichtigt werden. Für die Vor- und Nachbereitung (Verfügungszeiten) stehen künftig 7,8 Stunden pro Woche und Gruppe zur Verfügung.
  • Die zulässigen Schließzeiten werden begrenzt. Kitas dürfen künftig maximal an 20 Tagen schließen. Längstens drei Wochen am Stück dürfen die Ferien dauern. Kleine Einrichtungen mit maximal drei Gruppen dürfen allerdings insgesamt sechs Wochen Ferien machen.

Anmerkung des dbb sh:

Aus unserer Sicht ist die Reform grundsätzlich als sachgerechter Schritt zu begrüßen. Insbesondere der Umstand, dass auch auf Qualität gesetzt wird, korrespondiert mit den Positionen des dbb und seinen betroffenen Fachgewerkschaften, die im Zuge des Gesetzgebungsverfahren zum „Gute-Kita-Gesetz“ eingebracht und vertreten wurden. Damit werden auch Belange der Beschäftigten aufgegriffen. Zu nennen ist auch, dass mit der landeseinheitlichen Sozialstaffel ein Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung geleistet wird. Zusätzlich werden durch den Beitragsdeckel bisherige soziale Unwuchten reduziert.

Allerdings darf nicht ausgeblendet werden, dass es große Probleme bereitet, das benötigte Personal zu gewinnen. Es wäre jedoch die falsche Reaktion, das Niveau abzusenken. Vielmehr muss dafür gesorgt werden, dass die Bezahlung stimmt: Die bestehenden Eingruppierungsvorschriften dürfen nicht umgangen werden und müssen im Zuge der in diesem Jahr stattfindenden Tarifverhandlungen positiv weiterentwickelt werden. Der dbb sitzt am Tariftisch und wird sich dafür einsetzen.

Entlastung bei pflegebedürftigen Angehörigen

Mit dem seit dem 1. Januar geltenden „Angehörigen-Entlastungsgesetz“ wird insbesondere das Ziel verfolgt, Angehörige pflegebedürftiger Menschen von Unterhaltspflichten zu entlasten. Künftig werden Angehörige, die weniger als 100.000 Euro im Jahr verdienen, nicht mehr aufgrund ihrer Unterhaltsflicht herangezogen, wenn ihre Eltern oder Kinder pflegebedürftig werden beziehungsweise Sozialhilfe beziehen. Unterhaltsverpflichtete Eltern und Kinder von Leistungsbeziehern der Sozialhilfe werden künftig erst bei Überschreitung eines Jahresbruttoeinkommens von 100.000 Euro zu Unterhaltsleistungen herangezogen. Bisher lag die Grenze bei ca. 22.000 Euro.

Anmerkung des dbb sh

In der Anhörung im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens hat der dbb die Entlastung der Angehörigen ausdrücklich begrüßt, aber ergänzende Verbesserungen für pflegende Angehörige gefordert. Das betrifft insbesondere eine steuerfinanzierte Entgeltersatzleistung sowie Freistellungsregelungen analog der Regelungen zum Elterngeld und zur Elternzeit. Die bestehenden Grundlagen im Familienpflegezeitgesetz und im Pflegezeitgesetz bzw. für Beamtinnen und Beamte des Landes und der Kommunen im Landesbeamtengesetz und der Sonderurlaubsverordnung bleiben deutlich dahinter zurück.

Zuständigkeit für das Kindergeld

Mit dem Gesetz zur Beendigung der Sonderzuständigkeit der Familienkassen erhielten die Bundesländer und die Kommunen die Möglichkeit, die Zuständigkeit für die Kindergeldbearbeitung als öffentliche Arbeitgeber an die Bundesagentur für Arbeit abzugeben. In Schleswig-Holstein wird die Familienkasse des DLZP zum 1. März auf die BA übergehen.

Anmerkung des dbb sh

Ziel der Veränderung ist vor allem die Gleichmäßigkeit der Rechtsanwendung sowie ein effizienter Verwaltungsvollzug. Für die Bezieher von Kindergeld sind damit keine materiellen Änderungen verbunden.

Änderung des TVöD

Die Tarifpflegegespräche zum für Bund und Kommunen geltenden Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) haben zu einer grundsätzlichen Einigung über verschiedenen Anpassungen geführt. Mit dem Inkrafttreten ist zeitnah im neuen Jahr zu Rechnen. Die wichtigsten Punkte:

  • Wenn das Beschäftigungsverhältnis über den regulären Renteneintritt hinaus fortgesetzt werden soll, kann künftig eine Verlängerung des Arbeitsvertrages vereinbart werden. Bislang kam es zu einer zwingenden Beendigung, so dass ggf. ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen werden musste.
  • Die Berücksichtigung vorhandener Erfahrungszeiten bei der Stufenzuordnung wird optimiert: Bei Rückgruppierungen bleibt die absolvierte Stufenlaufzeit vollständig erhalten und bei Höhergruppierungen wird ggf. die zuvor bereits absolvierte Zeit der vorübergehenden Übertragung der höherwertigen Tätigkeit anerkannt.
  • Die Geltendmachung von Ansprüchen aufgrund der Ausschlussfrist ist künftig auch per E-Mail möglich.
  • Bei der Bundeswehr und der Bundespolizei werden spezifische Eingruppierungsregelungen nachjustiert.

Anmerkung des dbb sh:

Wir begrüßen, dass auch außerhalb von Einkommenden eine Weiterentwicklung der Tarifverträge gelingen kann. So werden ein längerer Stillstand und eine Überfrachtung von Einkommensrunden vermieden. Allerdings gibt es aufgrund der Entwicklung der Rechtsprechung und der Praxis aus unserer Sicht eine Reihe weiterer Punkte, die Gegenstand von Tarifanpassungen sein sollten.