Arbeitsbedingungen im Pflegebereich
Gefordert sind mutige Entscheidungen statt wirkungslose Bekundungen
Auch in Schleswig-Holstein sind quer durch die Parteien Appelle und Solidaritätsbekundungen zu vernehmen, dass wir mehr und besser bezahlte Pflegekräfte benötigen. "Das hören wir schon lange, ohne dass sich wirklich etwas ändert", moniert dbb Landesbundvorsitzender Kai Tellkamp. "Die Politik muss endlich den Mut aufbringen, Strukturen aufzubrechen - derzeit gibt es viel zu viele Player, die häufig Bremsklötze einbauen. Aber selbst das unter diesen Rahmenbedingungen machbare wird nicht angegangen. Auch die Pflegekammer wird kaum einen Durchbruch bringen." Aber immerhin: als positiver wenn auch sehr kleiner Schritt wird die Broschüre "Weiterbildungsangebote für Gesundheits- und Pflegeberufe" im Rahmen der Fachkräfte-Iniative Schleswig-Holstein bewertet.
Ein Kernproblem ist nach Auffassung des dbb sh, dass weder Krankenhäuser noch Pflegeheime standardmäßig in öffentlich-rechtlichen Strukturen betrieben werden. So werden die entsprechenden Leistungen der Daseinsvorsorge einem unternehmerischen Risiko und einem Wettbewerb um die niedrigsten Löhne ausgesetzt. Damit werden die von den Gewerkschaften durchaus erreichten Fortschritte in den Tarifverträgen des öffentlichen Dienstes häufig unterlaufen.
Solange noch nicht die Pflicht besteht, vorrangig öffentliche Krankenhäuser und Heime zu betreiben - das Recht dazu besteht durchaus. Es muss nur politisch umgesetzt werden, insbesondere vor Ort. Sehr gern auch gleich verbunden mit dem Beschluss einer ausreichenden Personalausstattung. Auch das ist keineswegs verboten, es muss nur eine Priorität auf die entsprechende Verwendung von aktuell sprudelnden Steuergeldern gesetzt werden, solange und soweit keine anderweitige Refinanzierung gelingt.
Politisch zu Hinterfragen und zu korrigieren sind außerdem die aus Sicht der Pflegeeinrichtungen und Auszubildenden eher schlechten Rahmenbedingungen der (fraglichen schulischen) Ausbildung, die (kaum vorhandenen) verbindlichen Regelungen zur Personalausstattung sowie die gesetzlichen Regelungen der Finanzierung (von den Investitionen über laufende Kosten bis hin Fallpauschalen und Pflegesätzen). Wenn wir hier vorankommen, werden sich auch wieder mehr Menschen für die Ausübung eines Pflegeberufs interessieren!
Das wenige, was konkret angegangen wird, führt nicht zu einem Durchbruch, selbst wenn einiges grundsätzlich zu begrüßen ist. Beispelhaft seien drei Themen genannt:
Die durch das Pflegeberufegesetz angeschobene Neuregelung der Ausbildung zur Pflegefachkraft ist zwar zu begrüßen, doch leider bleibt es bei einer schulischen Ausbildung. Der in diesem Zusammenhang vorgesegte Entwurf einer Pflege-Ausbildungs- und Prüfungsverordnung kann deshalb die Erwartungen an etablierte Standards der Berufsbildung nicht erfüllen, zumal außerdem Kostenneutralität angestrebt wird.
Die in Schleswig-Holstein angeschobene Pflegekammer könnte zwar einige Impulse setzen. Sie befreit aber weder die Politik von ihrem grundlegenden Handlungsauftrag noch kann sie Einfluss auf die richtigerweise den Gewerkschaften obliegende Aufgabe ausüben, die Arbeits- und Bezahlungsbedingungen zu gegeln. Da passt es kaum zusammen, wenn die Betroffenen für die Kammer einen Zwangsbeitrag berappen, aber für eigentlich maßgebende Ziele einen zusätzlichen freiwilligen Gewerkschaftsbeitrag leisten müssen.
Die Weiterbildungsmöglichkeiten in der Pflege und deren Finanzierung sind vielschichtig und kompliziert. Mit einer aktuellen Broschüre wird dieses Problem zwar nicht beseitigt, aber der Durchblick für Interessierte verbessert: Im Rahmen der "Fachkräfte-Initiative Schleswig-Holstein" hat die Landesregierung die Broschüre "Weiterbildungsangebote für Gesundheits- und Pflegeberufe" (Download hier) herausgegeben, in der insbesondere finazielle Förderunghsmöglichkeiten dargestellt werden.