dbb Landesbeirat:
Initiativen der Landtagsfraktionen gefordert
- Foto: Klemm@dbbsh Der dbb Landesvorstand und Fraktionsdelegationen beim dbb Landesbeirat (FÜR WEITERE BILDER BITTE AUF DIESES FOTO KLICKEN)
Die Landtagsfraktionen sollten sich nicht darauf beschränken, im Parlament die Vorlagen der Landesregierung abzusegnen, wie es sich bei der Besoldungsanpassung abzeichnet. Es dürfen nicht die Augen vor einem ergänzenden Handlungsbedarf zur Stärkung des öffentlichen Dienstes verschlossen werden. Deshalb brauchen wir entsprechende Initiativen aus der Mitte des Landtages. Dieser Appell ging bei einer Podiumsdiskussion mit Abgeordneten aller Landtagsfraktionen vom dbb Landesbeirat aus, der am 11. Juli in Kiel tagte.
Dem dbb Landesbeirat gehören neben dem Landesvorstand und den Vorsitzenden der Querschnittsorganisationen (Jugend, Frauen und Senioren) Repräsentanten aller 31 Mitgliedsgewerkschaften des dbb schleswig-holstein an. Im Anschluss an den offiziellen Teil der Tagung, bei dem aktuelle gewerkschaftliche Aktivitäten und Themen vorgestellt wurden, gab es den Austausch mit der Politik.
In den Beiträgen der Mitglieder des Landesbeirates aus der Praxis des öffentlichen Dienstes wurde deutlich, dass es gute Gründe für das Ergebnis der jüngsten vom dbb in Auftrag gegebenen Forsa-Umfrage gibt, wonach inzwischen 70 Prozent der Bürgerinnen und Bürger den Staat für überfordert halten: Die Aufgaben wachsen, Effizienzzuwächse zum Beispiel durch Digitalisierung bleiben weitgehend aus und der Personalbestand ist auf allen Ebenen weit entfernt von den tatsächlichen Erfordernissen. Auch perspektivisch sieht es alles andere als gut aus – ein hoher Anteil der Beschäftigten steht vor dem Ruhestand, gleichzeitig können zu wenig Nachwuchskräfte gewonnen werden.
Das zu wenig Geld da sei, lassen der dbb und seine Fachgewerkschaften nur bedingt gelten: Erstens steigen die Einnahmen des Landes laut aktueller Prognosen des „Arbeitskreises Steuerschätzungen" von 12,8 Milliarden Euro im Jahr 2024 auf 15 Milliarden Euro im Jahr 2028. Zweitens bleiben die erheblichen Möglichkeiten der Einnahmeoptimierung infolge einer dramatischen Unterbesetzung der Steuerverwaltung ungenutzt. Und Drittens sind der offenkundig viel zu große Umfang an Aufgaben und Ausgaben nichts anderes als das Ergebnis politischer Beschlüsse. Der fehlende Wille für dringend notwendige Anpassungen kann nicht weiter auf dem Rücken der Beschäftigten abgeladen werden.
Der dbb sh hat deshalb Forderungen präsentiert und mit den Fraktionen diskutiert:
Benötigt wird eine bessere Ausgangslage für die Personalgewinnung und -bindung. Dazu gehört eine Weiterentwicklung der Arbeitszeitregelungen, die ein höheres Maß an Flexibilisierung und eine konkurrenzfähige Wochenarbeitszeit beinhaltet. Aber auch die finanzielle Attraktivität spielt eine wichtige Rolle. Die Fraktionen wurden unter anderen mit der "Weihnachtsgeldproblematik" konfrontiert. Dabei ließen alls Fraktionen keinen Zweifel daran, dass eine Umsetzung der ausstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zwingend sei. Bevor diese nicht vorliegt, möchte sich aber noch niemand aus dem Fenster lehnen, welche genauen Auswirkungen die Zusage der Landesregierung hat, im Falle einer höchstrichterlichen Verurteilung des Landes für die Jahre 2007 bis 2022 antragsunabhängige Nachzahlungen zu leisten. Auch wenn Verständnis besteht, dass die Geduld bei den Beamtinnen und Beamten am Ende ist, weil 17 Jahre nach den Kürzungen noch immer keine Rechtsklarheit vorliegt. Dieser Zustand, den der dbb sh kürzlich gegenüber dem Bundesverfassungsgericht deutlich kritisiert hat, sollte sich in absehbarer Zeit ändern.
Auf ebenfalls wenig Gegenliebe des dbb sh stößt der Korrekturversuch des Schleswig-Holsteinischen Besoldungsgesetzgebers, den zu gringen Abstand der Besoldung zur sozialen Grundsicherung durch eine Anhebung familienbezogeber Besoldungskomponenten auszugleichen, die teilweise in Abhängigkeit vom Familieneinkommen gewährt werden. Aus Sicht des dbb sh wird das Abstandsgebot zwischen den Besoldungsgruppen und der Leistungsgrundsatz umgangen, wenn die Zahl der Kinder eine größere Relevanz für eine höhere Besoldung hat als die dienstliche Leistung beziehungsweise das Statusamt. Die Fraktionen gestanden ein, dass dieser Weg nicht weiter ausgebaut werden könne.
Auch der von der Landesregierung angekündigte Griff in den von den Beamtinnen und Beamten finanzierte Versorgungsfonds, um den Haushalt zu stabilisieren, ist für den dbb sh ein falscher Weg. Dies wurde von den Oppositionsfraktionen genau so gesehen, während die regierungstragenden Fraktionen das Vorgehen verteidigte, weil in der aktuellen Haushaltslage keine anderen Möglichkeiten bestünden.
Der dbb sh hält dadagen und nennt neben den oben genannten Argumenten den vom Landesvorstand entwickelten Vorschlag einer Strategie zum Bürokratieabbau: Wenn ein unabhängiger Beauftragter für Bürokratieabbau installliert wird, können Vorschläge gefördert, priorisiert, gebündelt und zur Marktreife gebracht werden. Das kann ein wichtiger Beitrag sein, um öffentliche Einnahmen und Ausgaben in einen besseren Einklang miteinander zu bringen, eine aufgabengerechte Personalausstattung zu erreichen, auf den Fachkräftemangel zu reagieren, die Wirtschaft zu fördern und das Image des öffentlichen Dienstes zu verbessern. Lars Harms (SSW) schlug vor, auf Einladung des dbb sh eine fraktionsübergreifenden Initiative zum Bürokratieabbau auf den Weg zu bringen - einen Versuch ist es allemal wert!
Wir bleiben in allen Punkten am Ball.
Im Anschluss an die Tagung wurde die Möglichkeit für ungezwungene Gespräche - auch mit der Politik - rege genutzt. Wo wenn nicht bei dbb gibt es die Möglichkeit, sich mit allen Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes auszutauschen. Neben den Lehrkräften, der Polzei, der Allgemeinen Verwaltung und der Steuerverwaltung waren unter anderem Förster, Veterinäre, Zöllner, Zugführer, Wissenschaftler, die Bundeswehrverwaltung, die Justiz und die Sozialverwaltung vor Ort. Hier konnten Gemeinsamkeiten, aber auch das Verständnis für spezielle Belange gefördert werden.