Zur Diskussion über den Schutz vor häuslicher Gewalt:
Sind Betroffene auch Opfer staatlicher Strukturen?
Es ist eine wichtige Aufgabe des Staates, Gewalt zu ahnden und zu unterbinden. Dazu gehört auch der Schutz von Opfern häuslicher Gewalt und bei Nachstellungen. In Schleswig-Holstein wird aktuell über die Anpassung der diesbezüglichen Rechtsgrundlagen diskutiert. Aus Sicht des dbb sh sollte aber auch darüber nachgedacht werden, ob es richtig ist, diese Diskussion in jedem Bundesland separat und damit sechzehnmal zu führen.
„Die Gesetzgebungsprozesse erfolgen niemals gleichzeitig und mit gleichen Ergebnissen“, so dbb Landesbundvorsitzender Kai Tellkamp. „Das bedeutet zwangsläufig auf Teilen der Landkarte ein schlechteres Schutzniveau – Leidtragende sind die Schutzbedürftigen, möglicherweise vermeidbare Gewaltfälle werden bittere Realität.“ Damit wären Gewaltopfer auch Opfer staatlicher Strukturen.
Für den dbb sh ist dies ein Beispiel dafür, dass die notwendige Modernisierung des Staates nicht vor der Kompetenzverteilung der staatlichen Ebenen Halt machen darf. „Nach unserem Eindruck ist es nicht immer sinnvoll, wenn sich nahezu 2.000 Abgeordnete aufgeteilt auf die Länderparlamente sechzehn Mal mit häufig identischen Themen befassen – auch das ist Bürokratie, zumal die Vor- und Nachbereitung entsprechender Entscheidungen erhebliche Ressourcen bindet.“
Unser föderales System ist nach Überzeugung des dbb sh ein wichtiges Wesensmerkmal unserer Demokratie und darf nicht in Frage gestellt werden. Es aber auch nicht verboten sein, Nachjustierungen bei Kompetenzverteilungen und Zuständigkeiten zu diskutieren und vorzunehmen – insbesondere, wenn es dem Bürokratieabbau und der Effizienzsteigerung des Staates dient.
Um auf das Ausgangsbeispiel zurückzukommen, welches in Schleswig-Holstein das Landesverwaltungsgesetz betrifft: In diesem Gesetz ist auch der „Verwaltungsakt“ definiert. Dieses Instrument staatlichen Handelns ist in 15 weiteren Landesgesetzen definiert, außerdem im Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes, in der Abgabenordnung und im Sozialgesetzbuch – überall nahezu identisch. Muss das eigentlich so sein?