Landtagssitzung vom 26. bis zum 28. August:
Viele Themen berühren den öffentlichen Dienst
Digitale Verwaltung, Home-Office, Weiterbildung und die Lage an den Schulen - diese und weitere Themen waren Thema der Landtagssitzung im August. Auch diesmal haben wir die Plenarsitzung aufmerksam verfolgt – und natürlich in für uns wichtigen Punkten bewertet. Hier veröffentlichen wir eine entsprechende Zusammenfassung.
Zuvor auch an dieser Stelle einen herzlichen Glückwunsch an Christian Dirschauer. Der Vorsitzende einer unserer größten Mitgliedsgewerkschaften – der komba gewerkschaft schleswig-holstein – wurde als Landtagsabgeordneter vereidigt (Foto). Der Gewerkschafter gehört der dänischen Minderheit an und ist seit seiner Jugend im SSW aktiv. Über deren Liste ist er jetzt infolge des Ausscheidens von Flemming Meyer in den Landtag nachgerückt.
Inhaltlich hat nicht nur die Besoldungsstrukturreform, der wir natürlich eine gesonderte Info gewidmet haben, unsere Aufmerksamkeit erreicht. Zu den weiteren Themen zählen auszugsweise:
Digitale Verwaltung
Auf Anforderung der Koalitionsfraktionen hat die Landesregierung über den Stand der Dinge berichtet. Das Onlinezugangsgesetz des Bundes sieht vor, dass ab dem Jahr 2023 alle 6.000 Verwaltungsdienstleistungen online in Anspruch genommen werden können. Die Bundesländer haben sich die damit verbundenen Aufgaben thematisch geteilt. Schleswig-Holstein kümmert sich insbesondere um Umweltleistungen und das Wohngeld. Während sich der für Digitalisierung zuständige Umweltminister Jan Philipp Albrecht optimistisch zeigte, gab sich die Opposition skeptisch.
Auch aus Sicht des dbb sh dürfen diesbezügliche Probleme nicht ignoriert werden. Sie reichen von der schwierigen Gewinnung und Bindung von IT-Fachpersonal über zusätzliche Belastungen, Anforderungen und teilweise Bedenken bei dem von Digitalisierungsprozessen betroffenen Personal bis hin zu nicht mehr zeitgemäßen Verwaltungsstrukturen, die zu Verzögerungen und Kommunikationsdefiziten führen. Nicht umsonst hinkt Deutschland laut EU-Kommission bei der Digitalisierung der Verwaltung deutlich hinterher. Der dbb sh hält Struktur- und Managementkorrekturen für angezeigt, um den – bislang zu Recht – guten Ruf der deutschen Verwaltung zu behaupten.
Weiterbildungsgesetz Schleswig-Holstein
Das Wirtschafts- und Arbeitsministerium hat dem Parlament einen aktuellen Bericht zum Weiterbildungsgesetz vorgelegt. Danach wird der in Schleswig-Holstein bestehende Anspruch der Beschäftigten (einschließlich Beamter und Auszubildender) auf 5 Tage „Bildungsurlaub“ nur wenig genutzt – im letzten Jahr von lediglich 0,68 Prozent der Anspruchsberechtigten.
Diese Quote ist aus Sicht des dbb sh enttäuschend. Wir fördern nach Kräften den Bekanntheitsgrad und die konkrete Möglichkeit der Inanspruchnahme von Rechten aus dem Weiterbildungsgesetz. In unserem jährlichen Seminarprogramm stellen wir nicht nur die Ansprüche der Beschäftigten dar, sondern bieten auch konkrete offiziell anerkannte Veranstaltungen an.
Home-Office
Gegenstand der Landtagsdebatte waren die begrenzten Möglichkeiten, das insbesondere im Zuge der Corona-Pandemie deutlich häufiger genutzte Home-Office steuerlich geltend zu machen sowie die im Home-Office in der Regel nicht greifenden Schutzvorschriften der Arbeitsstättenverordnung. Ergänzend wurde die Debatte angereichert um die Diskussion um ein „Recht auf Home-Office“.
Der dbb sh merkt an, das die Diskussion im Schleswig-Holsteinischen Landtag keine Lösungen des teilweise unbestritten bestehenden Klärungs- und Regelungsbedarfs hervorbringen wird. Denn es handelt sich um Bundesrecht, welches bekanntlich nicht an der Kieler Förde gesetzt wird.
Im Einflussbereich der Schleswig-Holsteinischen Landespolitik spielt die Musik in Sachen Homeoffice in der Umsetzung im öffentlichen Dienst. Diesem Umstand trägt der dbb sh Rechnung, indem er Verhandlungspartner der entsprechenden Vereinbarung “Mobile Arbeit und Wohnraumarbeit“ ist, die aktuell auch – ebenfalls unter Einbindung des dbb sh – evaluiert wird. Zudem achten wir auf kompatible Vorgaben in der Schleswig-Holsteinischen Arbeitszeitverordnung. In die aktuellen Diskussionen zum Bundesrecht bringen wir uns über die Gremien unserer Bundesorganisation ein.
Da insbesondere die steuerliche Situation viele Beschäftigte auch im öffentlichen Dienst betrifft, geben wir an dieser Stelle kurze Hinweise zu Lage: Eine steuerliche Berücksichtigung für Aufwendungen durch das Homeoffice ist nur möglich, wenn der genutzte Raum als „häusliches Arbeitszimmer“ anzusehen ist. Dafür müsste der genutzte Raum aber nahezu ausschließlich beruflich genutzt werden. Eine private Mitbenutzung des Arbeitszimmers von 10 Prozent würde bereits zur vollständigen Nichtanerkennung führen. Eine Geltendmachung von anteiligen Raumkosten ist nicht möglich. Die klassische „Arbeitsecke“ in Wohn- oder Schlafräumen kann also nicht berücksichtigt werden. Diese aktuelle Rechtslage ist auch aus Sicht des dbb unbefriedigend und wird der von den Beschäftigten gezeigten Flexibilität zugunsten des Arbeitgebers nicht gerecht. Deshalb wurde in Zusammenarbeit mit der unter unserem Dach angesiedelten Steuergewerkschaft der Vorschlag einer Homeoffice-Pauschale von 600 Euro eingebracht. Politische Entscheidungen in Berlin stehen noch aus.
Lage in den Schulen
Aufgrund der erheblichen Diskussionen um die Wiederaufnahme des Schulbetriebs nach den Sommerferien sah sich die Landesregierung zu einer Regierungserklärung durch Bildungsministerin Karin Prien veranlasst. Es kam zu einem Schlagabtausch mit der Opposition insbesondere über den Umgang mit der Maskenpflicht und der Ausstattung von Schulen. Bestätigt sah sich die Landesregierung in ihrer Linie, auch zur Risikogruppe zählende Lehrkräfte mit einem hausärztlichen Attest zum Präsenzunterricht zu verpflichten. Es sei denn, aus betriebsärztlicher Sicht liegt eine Gefährdung vor. Lehrkräfte, denen genau dies nicht bescheinigt wurde, hatten vor dem Verwaltungsgericht ohne Erfolg geklagt. Die Linie der Landesregierung: Lehrkräfte werden grundsätzlich ebenso behandelt, wie andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Die Lehrerverbände im dbb tragen zur Sachaufklärung bei und können im Falle eines Falles Rechtsschutz gewähren.
Aus Sicht des dbb sh ist jetzt auch wichtig, dass die auf Bundes- und Landesebene zur Verfügung gestellten hohen Fördermittel für die digitale Ausstattung an Schulen zügig ankommen und auch Wirkung entfalten. Dabei können wir es der Landesregierung nicht ersparen, an die schwierigen Verhandlungen über das Zustandekommen der Vereinbarung über mobile Arbeit und Wohnraumarbeit zu erinnern. Die Landesregierung war Anfang 2018 nicht bereit, den Lehrkräften das zuzubilligen, was in allen anderen Bereichen gängige Praxis sein sollte: Wenn zuhause gearbeitet wird, stellt der Arbeitgeber die notwendigen Endgeräte. Nachdem der dbb sh sich weigerte, die Benachteiligung der Lehrkräfte durch seine Unterschrift zu zementieren, gab es eine Kompromissformel, nach der klargestellt wurde, dass die Belange der Lehrkräfte nicht – auch nicht negativ – durch die Vereinbarung berührt werden. Hätte die Landesregierung den daraus resultierenden Handlungsspielraum und dbb-Appell genutzt und die Lehrkräfte entsprechend ausgestattet, dann wären uns sicher viele jetzt entstandenen Probleme erspart geblieben.
Infrastrukturbericht
Laut einem dem Parlament vorgelegten Bericht der Finanzministerin hat das Land Schleswig-Holstein ein Viertel seines Modernisierungsstaus abgebaut. Der aber immer noch bestehende Modernisierungsstau wird mit 6,3 Milliarden Euro beziffert. Parallel prognostiziert das Finanzministerium, dass die coronabedingten Schulden des Landes die Zwei-Milliarden-Euro-Grenze überschreiten könnten.
Aus Sicht des dbb sh muss jetzt aufgepasst werden, dass die dunklen Wolken über dem Schleswig-Holsteinischen Finanzhimmel nicht zu neuen Spardebatten zu Lasten der Beschäftigten führen. Vielmehr müssen die personellen Ressourcen stets so ausgestaltet sein, dass die von der Politik vorgegebenen Aufgaben professionell erfüllt werden können. Und diese Aufgaben sind in den vergangenen Monaten mehr statt weniger geworden. Ergänzend weisen wir darauf hin, dass der Investitionsstau nicht unbedingt immer auf zu wenig bereitstehendes Geld zurückzuführen ist. Gründe sind häufig fehlende personelle Planungskapazitäten in den Behörden, komplizierte Förderverfahren und langwierige Gerichtsverfahren. Auch hieran sollte gearbeitet werden.
Bericht der Bürger- und Polizeibeauftragten
Der Landtag hat die Berichte der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten sowie der Beauftragten für die Landespolizei entgegengenommen – dabei handelt es sich jeweils um Samiah El Samadoni, deren Dienststelle direkt beim Landtag angesiedelt ist.
In der Funktion als Polizeibeauftragte fällt auf, dass sich weitaus mehr Polizisten als Bürger an diese Institution wenden. Dieser Umstand spricht aus Sicht des dbb sh nicht unbedingt für das seit geraumer Zeit in der Diskussion befindliche Klima bei der Landespolizei und gibt mit Blick auf die Entlassung des ehemaligen Innenministers Grothe Spielraum für die Frage, mit welcher Konsequenz auf politischer Ebene Initiativen für Korrekturen wirklich gewollt sind. Ungeachtet dessen berichtet unsere zuständige Fachgewerkschaft, die Deutsche Polizeigewerkschaft, von einer guten Zusammenarbeit mit der Polizeibeauftragten.
Bei der Bürgerbeauftragten ist die Zahl der Eingaben erneut gestiegen – auf über 3.600 in einem Jahr. Überwiegend ging es um Hartz IV, auch die Sozialversicherung ist häufig betroffen. Zu dem Bericht der Bürgerbeauftragten hatten wir uns bereits direkt nach der Veröffentlichung geäußert und bedauert, dass so viele Bürger Anlass haben, sich dorthin zu wenden. Als drei maßgebende Problemfelder haben wir die häufig unzureichende Personalausstattung, die komplizierten Rechtsgrundlagen sowie Vorgaben, die keine bürgerfreundliche Kommunikation ermöglichen, identifiziert.