23. Juni 2020

Aktuelles aus dem Landtag:

Der öffentliche Dienst blickt auf die Ergebnisse der Plenartagung

Diätenerhöhung, Behördensprache oder Corona-Hilfen - der Landtag hat sich in seiner jüngsten Tagung wieder mit diversen Themen befasst, die für den dbb beziehungsweise seine Fachgewerkschaften und ihre Mitglieder relevant sind.

Hier eine beispielhafte Kurzdarstellung insbesondere gewerkschaftsübergreifender Themen gegebenenfalls mit unseren Anmerkungen. Die Fachgewerkschaften haben ggf. ergänzende spezifische Positionierungen vorgenommen.

Diätenerhöhung der Landtagsabgeordneten

Die Landtagsabgeordneten können sich ab dem 1. Juli über eine Erhöhung ihrer Grunddiäten um 2,5 Prozent freuen. Sie steigen damit von 8.661 auf 8.877 Euro monatlich. Anders als die Landtage einiger anderer Bundesländer sowie der Bundestag sieht der Schleswig-Holsteinische Landtag damit von einem Verzicht und einem Zeichen der Solidarität in Corona-Zeiten ab.

Dies stößt auch vielen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes sauer auf. Das ist durchaus verständlich, wir sollten uns aber nicht einer sachlichen Betrachtung verschließen: Die Anpassung bildet nämlich die durchschnittliche Einkommensentwicklung des letzten Jahres ab, sie kommt also quasi mit einjähriger Verzögerung an. In 2019 ist z.B. die Beamtenbesoldung in Schleswig-Holstein sogar um 3,01 % gestiegen.

Als dbb sh sehen wir davon ab, die Diätenanpassung grundsätzlich zu kritisieren. Denn wir erwarten von den Landtagsabgeordneten ebenso einen fairen und sachlichen Umgang mit Besoldungsfragen. Auch für die Beamtinnen und Beamten wäre ein Verzicht nach unserer Überzeugung das falsche Signal. Das gilt übrigens nicht nur für die Besoldungsanpassungen, sondern auch für das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Besoldungsstrukturreform. Hier bleiben wir dabei, dass die einprozentige Anpassung nicht ansatzweise ausreicht, um die Weihnachtsgeldkürzungen auszugleichen.

In diesem Zusammenhang müssen sich die Landtagsabgeordneten allerdings vorhalten lassen, dass deren Grundentschädigung auch das auf Monate umgelegte Weihnachtsgeld beinhaltet. Da passt es nicht zusammen, bei den Beamtinnen und Beamten ein materiell vergleichbares Vorgehen zu blockieren.

Behördensprache

Um die Behördensprache ging es in der Landtagssitzung im Grunde gleich doppelt.

Beschlossen wurde ein Antrag mit dem Titel „Bürgerfreundliche und verständliche Sprache in der Verwaltung fördern“. Darin wird die Bedeutung einer rechtssicheren und zugleich verständlichen Sprache sowie einer guten Qualifikation der Beschäftigten hervorgehoben. Doch anstatt dafür konkrete Vorgaben zu machen, beschränkt sich der Landtag darauf, verschiedene Prozesse zu begrüßen. Begrüßt wird zum Beispiel, wenn Vordrucke überprüft werden, wenn behördenübergreifende Abstimmungsprozesse erfolgen und wenn eine bürgernahe Kommunikation Gegenstand der Ausbildung ist.

Aus Sicht des dbb sh ist der Landtagsbeschluss zwar nett gemeint, aber nur für die Ablage geeignet. Wenn alles begrüßt wird, heißt das, es besteht kein weiterer Handlungsbedarf. Das sieht der dbb sh allerdings anders. Nach wie vor ist die Behördensprache für viele Bürger unverständlich und die Beschäftigten würden sehr gern bürgerorientierter arbeiten. Das scheitert jedoch an zwei Problemen: erstens ist die Belastung in den entsprechenden Behörden derart hoch, dass keine Zeit für notwendige individuelle Kommunikation und Erläuterungen bleibt. Zweitens bestehen häufig Vorgaben, sprachlich veraltete und wenig bürgerfreundliche Textbausteine oder Vordrucke zu verwenden. Diese Defizite müssen wirkungsvoll angegangen werden. Das ist von dem Landtagsbeschluss aber leider nicht zu erwarten.

Ein weiterer Tagesordnungspunkt, der die Behördensprache betrifft, zielt auf das Gleichstellungsgesetz. Hier wollte die AfD festschreiben, dass sich Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie der dienstliche Schriftverkehr und Sprachgebrauch an den von der Kultusministerkonferenz beschlossenen „amtlichen Regelungen der deutschen Rechtschreibung“ zu halten haben. Damit sollte den zunehmenden genderbedingten Verrenkungen begegnet werden. „Mitarbeiter*innen“, „Bürger:innen“, „KollegInnen“, „Arbeitnehmende“ oder sogar „Bürger:innenmeisterIn“ kommen nicht überall gut an, zumal derartige Wortgebilde häufig so nicht ausgesprochen werden können. Die Reaktionen der übrigen Fraktionen lassen allerdings erkennen, dass der Ansatz nicht mehrheitsfähig zu sein scheint. Offen bleibt, ob das auf einer echten Überzeugung basiert, dass eine derartige Schreibweise eine gute Idee zur Verwirklichung der Gleichberechtigung ist, oder ob der Grund eher darin besteht, dass dieses Thema von einer unbeliebten Fraktion belegt wurde. Eine einheitliche und schlüssige Regelung für die Verwaltungspraxis wäre aus Sicht des dbb sh jedenfalls durchaus sinnvoll. Die Diskussion wird im Innen- und Rechtsausschuss fortgesetzt.

Schulaufsicht und Verhüllungsverbot – sowie Anpassungsbedarf des Mitbestimmungsgesetzes

Um diese beiden Themen geht es bei der Änderung des Schulgesetzes. Der ursprüngliche Gesetzentwurf, der auch Gegenstand eines Beteiligungsverfahrens unter Einbeziehung des dbb war, betraf lediglich die Schulaufsicht. Die Aufsicht über die schleswig-holsteinischen Schulen erfolgt derzeit in einer zweistufigen Behördenorganisation. Das Bildungsministerium ist oberste Schulaufsichtsbehörde und nimmt die Schulaufsicht über Gymnasien, Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe und den berufsbildenden Schulen wahr. Im Übrigen wird die Schulaufsicht durch die Schulämter in den Kreisen und kreisfreien Städten als untere Landesbehörden wahrgenommen. Nunmehr wird die Zuständigkeit für die beruflichen Schulen aus dem bisherigen System herauslöst und beim Schleswig-Holsteinischen Institut für berufliche Bildung (SHIBB) als neue obere Schulaufsichtsbehörde unter dem Dach des Wirtschaftsministeriums angesiedelt. So sollen die Kompetenzen für berufliche Bildung unter einem Dach gebündelt werden. Einige Stimmen loben eine damit einhergehende Kompetenzbündelung, andere kritisieren ein drohendes Kompetenzwirrwarr. Die Praxis, die von den betroffenen Lehrerverbänden unter dem Dach des dbb sh genau beobachtet wird, bleibt abzuwarten.

Aus der Änderung resultiert auch ein Anpassungsbedarf des Mitbestimmungsgesetzes, für das ein Entwurf bereits vorliegt. Das Mitbestimmungsgesetz wurde übrigens erst kürzlich geändert, indem für Personalratssitzungen Video- und Telefonkonferenzen bis Ende 2020 legitimiert wurden.

In das Schulgesetz wurde ergänzend das Verhüllungsverbot für Lehrkräfte und Schüler aufgenommen, welches aber mit Blick auf Corona eine gewisse Relativierung erfahren hat. Demnach sollen Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte ihr Gesicht verhüllen, wenn Schulische, dienstliche oder gesundheitliche Gründe dies erfordern.

Als dbb sh weisen wir darauf hin, dass bereits eine Regelung im Beamtenstatusgesetz existiert, die für alle Beamtinnen und Beamte, also auch für verbeamtete Lehrkräfte greift. Danach dürfen sie ihr Gesicht bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug nicht verhüllen, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

Änderung des Landesverwaltungsgesetzes

Für viele Aufgaben des öffentlichen Dienstes ist das Landesverwaltungsgesetz eine wichtige Handlungsgrundlage. Gleich zwei Gesetzgebungsverfahren waren Gegenstand der Landtagssitzung.

Das eine - endgültig beschlossene – Änderungsgesetz dienst der Modernisierung und Entbürokratisierung des Verwaltungsverfahrens. Hieran sollten allerdings keine allzu hohen Erwartungen geknüpft werden, es geht eher um Kleinigkeiten.

So wird in der zentralen Vorschrift über die elektronische Kommunikation klargestellt, dass auch behördenübergreifende elektronische Übersendungen schriftformersetzend zu werten sind. Zudem wird klargestellt, dass automationsgestützt erlassene Verwaltungsakte rechtlich als solche eingeordnet werden. Weiterhin wird die gesetzlich verpflichtende Verordnungsbefristung abgeschafft sowie eine Ermächtigung zur Aufhebung von nicht mehr benötigten Verordnungen geschaffen. Auch wird die Geltendmachung von Säumniskosten vereinfacht sowie der Schuldnerschutz verbessert. Schließlich wird die Erwähnung von „Verlobten nach dem Lebenspartnergesetz“ als Angehörige, die für eine Behörde wegen Befangenheit nicht tätig werden können, gestrichen, da es diese Verlöbnisse nicht mehr gibt.

Das zweite Änderungsgesetz betrifft polizei- und ordnungsrechtliche Vorschriften. Geregelt werden soll zum Beispiel der „finale Rettungsschuss“ sowie der Einsatz von Teasern und Bodycams. Da in Schleswig-Holstein das Polizeirecht nicht separat geregelt, sondern im Landesverwaltungsgesetz integriert ist und nach Lage der Dinge bleibt, läuft es darauf hinaus, dass in ein und demselben Gesetz der Verwaltungsakt definiert und der finale Rettungsschuss legitimiert wird. Geschmackssache. Nach dieser ersten Lesung folgen weitere Beratungen.

Finanzielle Hilfen in der Corona-Pandemie

Der Landtag diskutierte umfassend über die auf Bundes- und Landesebene locker gemachten Milliardenbeträge, die Institutionen und Personen über coronabedingte Einbußen hinweghelfen soll. Es ging insbesondere darum, ob die Mittel reichen und an den richtigen Stellen eingesetzt werden. Die Diskussionen mündeten jedoch auch hier nicht in konkreten Beschlüssen mit politischem Gestaltungsanspruch.

Aus Sicht des dbb sh zeigt der Staat nicht nur durch die Bereitstellung von Mitteln, sondern auch durch die verwaltungstechnische Umsetzung seine Leistungsfähigkeit. Allerdings wird unzureichend auf das Vorhandensein ausreichender personeller Ressourcen geachtet. Sorge bereitet aber auch die Gegenfinanzierung der milliardenschweren Zusatzausgaben für die Pandemie. Vorsorglich stellen wir bereits heute klar, dass beim öffentlichen Dienst nichts mehr zu holen ist.

Besoldungsstrukturreform

Ursprünglich war vorgesehen, in der Juni-Tagung des Parlaments auch die Besoldungsstrukturreform endgültig zu verabschieden. Dieser Punkt wurde jedoch von der Tagesordnung abgesetzt. Ergänzend zu der schriftlichen Anhörung (hier die Stellungnahme des dbb) erfolgt nun noch eine mündliche Anhörung, und zwar am Donnerstag, den 13. August.